Wer seine Immobilie verkaufen möchte, hat meist eine erste Preisvorstellung. Doch woher kommt diese Preiseingebung? Warum haben Eigentümer oftmals das Gefühl, unter Wert zu verkaufen? Der Artikel betrachtet aus psychologischer Sicht das menschliche Preisverhalten und zeigt Lösungen, um den besten Preis zu realisieren.

Das neue Auto: erst zu teuer, dann zu billig

Ein neues Sportfahrzeug, ganz in rot glänzte im Schaufenster des Autohändlers. Nicht nur optisch ein schönes Fahrzeug, auch der Zustand war perfekt. Das einzige, was dem Vermessungsingenieur als Käufer in spe missfiel, war der Kaufpreis von 40.000 €, was sein Budget übertraf. Trotz aller Verhandlungsversuche blieb der Verkäufer stur. Nach einer Woche voller Gedanken an den roten Flitzer, entschloss sich der Ingenieur doch zum Kauf für 40.000 €. Schließlich hatte das emotionale Teufelchen bessere Argumente als der rationale Engel auf der Schulter. Am darauffolgenden Wochenende unternahm der stolze Besitzer des Sportwagens eine Spritztour. An einer Raststätte kam ein Mann auf ihn zu und bewunderte die rote Rakete. Er machte ihm an Ort und Stelle ein Angebot von 48.000 €! Der auf Logik geschulte Ingenieur reagierte mit Unverständnis: „So ein wunderbares Fahrzeug verschenke ich nicht.“ Erst auf der Rückfahrt realisierte er, wie irrational sein Verhalten gewesen ist.

Der Besitztumseffekt: Besser nie besitzen, als verlieren

Unser Sportwagenfahrer ist in einer typische Denkfalle aufgesessen: Was wir besitzen, empfinden wir als wertvoller, als was wir nicht besitzen. Sie können das selbst ganz einfach überprüfen, indem Sie sich folgende Frage stellen:

Würden Sie zu dem von ihnen vorgeschlagenen Kaufpreis selbst kaufen?

Wenn wir etwas verkaufen, verlangen wir meist mehr Geld, als wir selbst dafür bereit wären, auszugeben. Das Grundgesetz unserer „Unvernunft“ wird in der Verhaltensökonomik als „Endownment Effekt“ (= Besitztumseffekt) bezeichnet. Ob wir wollen oder nicht, wir verlieben uns buchstäblich in unser Eigentum.

Da bekommt das Bild vom Homo oeconomicus erste Risse. Wenn wir betrachten, welchen Nutzen bzw. Nichtnutzen dieses Verhalten für uns in Wirklichkeit hat, wird es deutlich, dass wir meist irrational entscheiden. Angenommen, Sie haben ein Eintrittsticket für das WM-Finale geschenkt bekommen. Für wie viel Euro wären sie bereit, es zu verkaufen? Nehmen wir andersherum an, Sie besitzen kein Ticket und können auch keines mehr bestellen. Wie viel Euro wären Sie persönlich bereit als begeisterter Fußballanhänger für die Eintrittskarte zum WM-Finale hinzulegen? Dieses Experiment wurde von der Fachhochschule Kiel im Jahr 2008 durchgeführt. Das verblüffende Ergebnis: Der Durchschnittspreis der Verkäufer lag bei rd. 1.100 €. Der mittlere Preis der Nachfrager lediglich bei rd. 90 €. Hierbei muss man wissen, dass die Mehrheit von rd. 60 % einen Preis von 200 € akzeptiert hätte. Der Maximalpreis betrug bei nur wenigen Akteuren 600 €. Über diesen Preis gab es keine Nachfrage. Das Angebot von 1.100 € hätte also Niemand angenommen. Und nur bis zum Anpfiff ist das Ticket überhaupt was Wert. Verpasst man den richtigen Zeitpunkt, weil die Nachfrage kurz vor Spielbeginn z.B. befriedigt ist, geht man mit seinem „1.100 €-Ticket“ mit Null nach Hause. Und das, obwohl man es geschenkt bekommen hat! Sie sehen, wie schnell wir in die Besitztumsfalle tappen können.

In der Diskussion um die Ergebnisse dieser Befragung begründeten die Teilnehmer ihre Entscheidung für hohe Preisforderungen damit, dass sie sich an den auf dem Schwarzmarkt erzielbaren Höchstpreisen orientiert hatten. Die Übernahme von am Markt beobachteten/vermuteten hohen Preisen als eigene Mindestpreise, ohne dabei die Opportunitätskosten der eigenen Nichtnutzung des Gutes zu denken, hat etwas von einer „zeitweiligen Unzurechnungsfähigkeit“, wie Prof. Camerer es von der Universität von Kalifornien nennt. Ähnlich verhält es sich bei Immobilienpreisen. Hauptquelle ist für die meisten Eigentümer das Internet mit hunderten von Angeboten. Da die eigene Immobilie immer besser als alle anderen eingestuft wird – es ist schließlich unsere große Liebe -, orientieren wir uns automatisch im oberen Preissegment. Wie auch bei unserem Partner, sehen wir nur die Schokoladenseite. Den „Rest“ blenden wir unterbewusst aus. Dieses Phänomen ist nur allzu menschlich. Wir sind weder Raubtiere, die nur auf unseren eigenen Vorteil bedacht sind, noch sind wir rationale Wesen, die alle verfügbaren Informationen sammeln und prüfen, um daraus eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Es ist eher so, dass der Mensch das Wohl der anderen, noch öfter allerdings das Beste für sich selbst im Sinn hat. Es ist also keine böse Absicht als Verkäufer zu viel zu verlangen. So funktionieren wir eben. Daher ist es immer unvorteilhaft, wenn man als Verkäufer seinen eigenen Besitz einschätzt.

Erst der Blick von Außen garantiert den besten zu erzielenden Marktpreis. Wir erhöhen den realistischen Marktpreis intuitiv durch emotionale Werte, die wir mit unserer Immobilie in Verbindung bringen. Dadurch kann der Kaufpreis schnell 10, 20 oder mehr Prozent über dem Marktniveau liegen. Die unbequeme Konsequenz: Ernsthafte Interessenten beachten unser Angebot erst gar nicht. Wenn jemand zur Besichtigung kommt, dann meist unerfahrene Interessenten, die erst seit kurzem auf der Suche sind und noch von einem Schloss zum Preis eines Reihenhauses träumen. Oder noch schlimmer Betrüger, die später den Kaufpreis nicht belegen können.

Ich habe (keine) Zeit

Von vielen Eigentümern hört man die berühmten Worte: „Ich muss jetzt nicht verkaufen. Ich habe Zeit und möchte meinen Preis realisieren.“ Das ist natürlich eine gute Ausgangsposition. Unter Zeitdruck zu verkaufen, würde kein Profi raten. Die Gefahr unter Wert zu veräußern wäre zu groß. Was ist aber, wenn die Immobilie zu teuer angeboten wird, was in ca. 95 % der Fälle geschieht? Reicht es einfach aus, den Preis mit der Zeit zu senken? Schließlich hat man am Anfang die Chance, viel mehr zu bekommen. Denken wir an das Beispiel mit dem WM-Ticket. Neben dem „richtigen“ Preis ist auch der Zeitpunkt entscheidend. Und hier gibt es beim Immobilienverkauf eine goldene Regel: Im ersten Angebotsmonat ist das Interesse an dem Objekt am größten und somit besteht hier die beste Chance für einen hohen Kaufpreis. Da aber nur eine überschaubare Gruppe ernsthafter Interessenten zu einem bestimmten Zeitpunkt nach einer entsprechenden Immobilie sucht, wird mit fortschreitender Verkaufsdauer die Chance, dass Angebot und Nachfrage sich treffen, immer kleiner. Eine Immobilie die 6 Monate und länger angeboten wird, fällt sogar negativ auf. Es wird vermutet, dass irgendetwas nicht stimmen kann.

Praxis-Experiment: Zeit ist Geld

Die Kreissparkasse Köln hat 2012 eine Untersuchung durchgeführt mit einem verblüffenden Ergebnis. Es wurden 1.600 Immobilien analysiert. Dazu wurden 600 Immobilien zu einem Preis angeboten, der rd. 5 % über dem zuvor vom Experten festgestellten Marktwert lag. Die anderen 1.000 Immobilien wurden sogar zu 20 % über Verkehrswert angeboten. Das Ergebnis: Die Immobilien zu 5 % überhöhtem Preis wurden durchschnittlich nach 2 Monaten zu rd. 99 % des Wertes verkauft. Bei den „20%-Angeboten“, stieg die mittlere Verkaufsdauer auf 13 Monate (fast 1 Jahr länger!). Am schlimmsten war aber der Blick in die Kasse. Die realisierten Preise betrugen im Schnitt nur noch 85 % des Marktwerts! Das Argument: „verkaufen kann ich auch später“, entpuppt sich somit als Bumerang für den Eigentümer. Ein falscher Entscheidungsanker beim ersten Preis in Verbindung mit einer langen Angebotsdauer vernichtet täglich Immobilienvermögen. Fallen Sie nicht auf den Besitztumseffekt herein. Sammeln Sie alle Informationen und bedenken Sie auch die Schwächen Ihrer Immobilie. Vergleichen Sie Ihre Immobilie nicht mit Angeboten aus dem Internet oder der Zeitung. Diese sind zu 95 % mit dem Entdownment-Effekt belastet und verzerren die Realität. Nur abgeschlossene Transaktionen dürfen zum Vergleich herangezogen werden, die auch in allen wertbildenden Eigenschaften (Lage, Größe, Ausstattung, Zustand) übereinstimmen.

Tipp-Zeichen

Aufgrund der enormen Bedeutung des angemessenen Kaufpreises, sollten Sie eine objektive Wertermittlung anstellen lassen. Diese verhindert nicht nur, dass Sie in die „Besitztumsfalle“ tappen, sondern ist auch ein hervorragendes Argumentationsinstrument gegenüber dem Käufer und seiner finanzierenden Bank. Bei mir bekommen Sie speziell für den Verkauf eine kompakte Kurzbewertung zum Festpreis. Ab 379 Euro inkl. MwSt. können Sie das Produkt „WertSchaetzung“ buchen. Rufen Sie mich jetzt an 0800-766 799 7 (kostenlos vom Festnetz) oder informieren Sie sich über Produktdetails.

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